Was ist eigentlich Kreativwirtschaft?
Eigentlich heißt es ja korrekt „Kultur- und Kreativwirtschaft“. Oft genug wird dieser Begriff auf „die Künstler halt“ reduziert. Dabei versteht sich darunter eine sehr heterogene und vor allem sehr leistungsfähige Branche. Im Jahr 2017 betrug ihr Beitrag zur Bruttowertschöpfung auf Bundesebene 102,4 Mrd. € – der Maschinenbau lag mit 102,7 Mrd. € nur unwesentlich darüber. Nicht ernstzunehmen?
Nähern wir uns an:
„Unter Kultur- und Kreativwirtschaft werden diejenigen Kultur- und Kreativunternehmen erfasst, welche überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit der Schaffung, Produktion, Verteilung und / oder medialen Verbreitung von kulturellen / kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen.“
(Wirtschaftsministerkonferenz. 2008. Beschlusssammlung der Wirtschaftsministerkonferenz am 9./10. Juni 2008 in Regensburg, Band 143, Bundesrat, Berlin)
Diese sehr vielseitige Branche setzt sich aus elf Teilmärkten zusammen:
Architekturmarkt
Architekturrelevante Leistungen beziehen sich auf den Entwurf und auf die Bauplanung im jeweiligen Architekturwirtschaftszweig.
Es wird unterschieden nach Hochbau und Innenarchitektur, nach Orts-, Regional- und Landesplanung sowie nach Garten- und Landschaftsgestaltung.
Zusätzlich werden die selbstständigen Restaurator*innen zum Architekturmarkt gezählt.
Buchmarkt
Zum Buchmarkt gehört die “schreibende Zunft”, d. h., die selbstständigen Schriftsteller, Übersetzer und Journalisten, ebenso wie die Unternehmen in Form von Buchverlagen und Bucheinzelhandel sowie Antiquariate.
Designwirtschaft
Nach der klassischen Definition zählen zur Designwirtschaft Designateliers mit Industrie-, Produkt-, Mode- und Grafikdesign sowie Werbegestaltung. Weitere Wirtschaftszweige mit relevanten Designaktivitäten sind Innenarchitektur, Fotografie und Schmuckherstellung. Darüber hinaus werden ebenso handwerkliche oder industriebezogene Aktivitäten einbezogen, die jedoch statistisch nicht eigenständig erfasst werden können. So wird unter dem Begriff “Fotograf*in” nur ein Teil – wenngleich ein erheblicher – der Fotodesigner*innen erfasst. Denn der Übergang zum fotografischen Handwerk ist fließend.
Filmwirtschaft
Ein Segment der Filmwirtschaft bilden die selbstständigen Bühnenkünstler. Zu ihnen zählen unter anderem Filmschauspieler, Rundfunkkünstler sowie sonstige darstellende Künstler wie die der Kleinkunst. Die Film-, TV- und Videofilmherstellung, die Filmverleih- und Videoprogrammanbieter sowie die Kinos fallen in die Sparte der produzierenden und verbreitenden Unternehmen dieses Teilmarktes.
Kunstmarkt
Zum Kunstmarkt gehören die selbstständigen Bildenden Künstler*innen sowie ein spezieller Wirtschaftszweig: der Antiquitätenhandel. Dieser bildet einen besonderen Schwerpunkt in der Region. Außerdem zählt der Kunsteinzelhandel zum Kunstmarkt. Er umfasst Galerien sowie den sekundären Kunsthandel durch den An- und Verkauf von Werken durch Kunsthändler*innen. Auch die Museumsshops sind Teil des Kunstmarktes. In diesem Wirtschaftszweig werden die kommerziellen Kunstausstellungen mit erfasst.
Markt für darstellende Künste
Der Begriff Markt für Darstellende Künste beinhaltet privatwirtschaftlich organisierte Betriebe und Unternehmen sowie Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler dieses vielfältigen Teilmarktes.
Erfasst werden neben den Produktionen und Darbietungen privater Theater auch Kleinkunst, Musical, Tanz, Zirkus, Puppentheater, Festivals und viele weitere. Außerdem gehören Theateragenturen und Theaterveranstalter sowie bühnentechnische Betriebe dazu. Selbstständige Bühnenkünstler werden zusammen mit den selbstständigen Artisten erfasst. Zudem werden in diesem Bereich abweichend von der Definition der Wirtschaftsministerkonferenz sozialversicherungspflichtige und geringfügig Beschäftigte des öffentlichen Theaterbetriebes berücksichtigt.
Musikwirtschaft
Zur Musikwirtschaft gehören die selbstständigen Künstler*innen- und Kulturberufe der Urheber (Komponist*innen, Textdichter*innen und Producer/Musikregisseur*innen), die Musiker*innen (Interpret*innen) sowie die unterschiedlichen Ensembleformen der erwerbswirtschaftlich tätigen Musikgruppen. Daneben existiert eine Vielzahl weiterer Musikberufe, wie zum Beispiel Bühnenkünstler*in und Musiklehrer*in. Zu den produzierenden und verbreitenden Unternehmen zählen die Verlage von Tonträgern, gemeinhin als Tonträgerindustrie bezeichnet, die Musikverlage, der Musikfachhandel, die Theater-/Konzertveranstalter, die Konzertdirektionen und die Agenturen sowie kommerzielle Musiktheaterproduktionen, Musicalbühnen und Musikfestivals. Neben den Musikalienhändlern werden auch der Einzelhandel mit bespielten Ton- und Bildträgern aufgenommen.
Pressemarkt
Zum Pressemarkt zählen selbstständige Journalist*innen sowie Korrespondenz- und Nachrichtenbüros. Zur Wirtschaftsgruppe Presseverlage gehören neben den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen die Adressbuchverlage sowie sonstige Verlage mit Landkarten, Kunstdruckwerken und weiterem. Zusätzlich wird zu diesem Teilmarkt der Presseeinzelhandel mit Zeitungen und Zeitschriften gezählt.
Rundfunkwirtschaft
Zur Rundfunkwirtschaft gehören die selbstständigen Journaliste*innen und Pressefotograf*innen. Sie erstellen Beiträge für Radio und Fernsehen. Die Rundfunkveranstalter*innen stellen Rundfunksendungen her und verbreiten diese Medienprodukte.
Software/Games-Industrie
Zur Software-/Games-Industrie gehören die Entwicklung und das Verlegen von Softwareprodukten jedweder Art: beispielsweise Computerspiele, Konsolenspiele, Video- spiele, Mobile Games, Online Games, Browser Games, Social Games und viele weitere. Durch den wachsenden Markt mit Online- und Browserspielen wächst auch die Bedeutung von Online-Plattformen
Werbemarkt
Zum Werbemarkt zählen die beiden Wirtschaftszweige der Werbeagenturen (inklusive Werbegestaltung) und der Werbevermittlung, also der Vermarktung und Vermittlung von Werbezeiten und Werbeflächen. Werbeagenturen bedienen die Gesamtpalette von Werbeaktivitäten – entweder über unternehmenseigene Kapazitäten oder durch Auslagerung. Zu diesem Angebot zählen Beratung, kreative Dienste, Herstellung von Werbematerial und Einkauf. Ein großer Anteil ihrer Tätigkeit entfällt auf Werbegestaltung und Kommunikationsdesign. Dies gilt insbesondere für kleinere Büros und Werbeagenturen.
Sonstige
Wer sind die „Sonstigen“? Die, die in keine vorgefertigte Schublade passen? Die, die bei der Einteilung in die Teilmärkte übersehen wurden? Wie auch immer man es sehen will – die „Sonstigen“ sind eine immer größer werdende Gruppe. Dazu zählen z. B. alle, die im Handwerk kultur- und kreativwirtschaftlich arbeiten; die Bewahrung traditioneller Kulturtechniken, Restaurierung und Erhalt des Kulturerbes, Musikinstrumentenbau, Kunsthandwerk und viele andere, die nicht so ganz in die elf definierten Teilmärkte passen. Vielleicht findet sich ja irgendwann ein schönerer, besserer und treffender Begriff als „Sonstige“.